
Fidelio, l'odyssée d'Alice
Regie: Lucie Borleteau
Darst.: Ariane Labed, Melvil Poupaud, Anders Danielson Lie, Pascal Tagnati, Jean-Louis Coulloc’h, Nathanaël Maïni, Bogdan Zamfir u.a.
Die Mechanikerin Alice behauptet sich in einer Männerwelt, sie fährt als Matrosin zur See – auf einem rostigen Containerschiff, das sinnigerweise den Namen von Beethovens einziger Oper trägt. «Was auf dem Meer passiert, bleibt auf dem Meer», lautet der Untertitel dieses Erstlings der jungen Französin Lucie Borleteau, die ihre Karriere einst als Assistentin von Claire Denis begonnen hatte. Alices Sich-Behaupten in einem männlichen Universum geht indes über Berufliches hinaus – verhält sie sich doch auch in Liebesdingen eher wie ein Mann. Mit einem auf den Kopf gestellten Matrosenklischee von einer Liebe in jedem Hafen lässt Alice ihren Liebsten, einen Comiczeichner, zu Hause zurück und entdeckt an Bord, dass der Kapitän, der nun wieder heftig um sie wirbt, niemand anders als eine verflossene Liebe von ihr ist. Zudem gibt es auch noch Alices kürzlich verstorbenen Vorgänger, der seltsame Aufzeichnungen auf dem Schiff zurückliess. Ariane Labed ist nach «Attenberg» von Athina Rachel Tsangari und «Love Island» von Jasmila Zbanic in diesem Jahr bereits zum dritten Mal im Kinok in einer Hauptrolle zu sehen. Und dass die 1984 in Griechenland als Tochter französischer Eltern geborene charismatische Schauspielerin hier für ihre Rolle als verführerische Alice am Filmfestival Locarno vor Jahresfrist einen «Silbernen Leoparden» als beste Hauptdarstellerin erhielt, mag mit ein Beweis sein für ihr grosses Können. «Es fällt auf, wie selten Frauen im Film als aktive Agentinnen ihrer Lust erscheinen. Als erzählerische Kreation existiert diese Alice hier als eine, die den Männerfiguren den Kopf verdreht. Und wir als Zuschauer sehen diese Geschichte mit ihren Augen, bekommen ihre Versuchungen zu Gesicht, erleben ihre Gewissensbisse gegenüber ihrem zurückgelassenen Partner, und wir fiebern mit bei den Konsequenzen, die ihr Handeln nach sich zieht. Das ist so erfrischend und befreiend wie die weisse Gischt, die den Film konsequent begleitet.» Peter Debruge, Variety