Nabat

ASE 2014, 105 min, DCP, O/d-f
Regie: Elchin Musaoglu
Darst.: Fatemah Motamed-Aria, Vidadi Aliyev, Sabir Mammadov, Farhad Israfilov u.a.

Die Bäuerin Nabat wohnt mit ihrem Mann Iskaneder in einem kleinen Haus auf einem Hügel oberhalb eines Dorfes in der Kaukasus-Region Bergkarabach. Wir schreiben das Jahr 1991, der ungelöste Konflikt um das autonome Gebiet innerhalb der Republik Aserbaidschan beginnt zu eskalieren. Doch noch geht im Dorf alles seinen gewohnten Gang – dass sich der Krieg nähert, erfährt man durch Gesprächsfragmente und fernes nächtliches Artilleriefeuer. Man sieht Nabat bei ihrem täglichen Weg hinunter ins Dorf, wo sie die mühsam von Hand gemolkene Milch ihrer einzigen Kuh verkauft. Die alten Männer im Kaffeehaus sprechen darüber, dass die Jungen weg sind, an der Front; Gerüchte machen die Runde, das Dorf werde bald evakuiert. Und dass der Sohn von Nabat und Iskaneder im Krieg gefallen ist, wird klar, als Nabat beim Dorffotografen vergeblich nach einem Bild ihres Sohnes fragt und sich Iskaneder, der bettlägerige Ehemann, bei Nabats Rückkehr vom Dorf immer wieder nach dem Verbleib des Fotos und der aktuellen politischen Lage erkundigt und keine Antwort erhält. Eines Tages findet Nabat das Dorf menschenleer vor, kurz darauf stirbt Iskaneder. Wie so vieles in diesem Filmpoem voll stiller Andeutungen und Auslassungen wird auch dieser Todesfall nur indirekt vermittelt: ein Windhauch und das aus Distanz gezeigte Ausheben eines Grabes. Nabat bleibt weiterhin in ihrem Haus, sie geht immer noch täglich ins Dorf, begibt sich in die verlassenen Häuser, zündet dort die Öllampen an. So sieht das Dorf, wenn Nabat nachts aus dem Fenster blickt, doch noch belebt aus. Regisseur Elchin Musaoglu aus Aserbaidschan schafft, basierend auf einer wahren Begebenheit im Krieg um Bergkarabach in den 1990ern, einen leisen, poetischen Film mit berückend schönen Aufnahmen von Landschaften, Natur und Menschen und denunziert damit die Absurdität des Krieges umso schärfer. «Schillernd wie bei Víctor Erice, karg wie bei Béla Tarr, zum Staunen und Versinken: Das ist dieser vollendete Film aus Aserbaidschan.» Pascal Blum, züritipp