
Cosmopolis
Regie: David Cronenberg
Darst.: Robert Pattinson, Sarah Gadon, Paul Giamatti, Kevin Durand, Abdul Ayoola, Juliette Binoche, Emily Hampshire, Bob Bainborough u.a.
Der Finanzhai Eric Packer fährt mit seiner Stretch-Limousine quer durch Manhattan, um sich die Haare schneiden zu lassen. Aufgrund der Anwesenheit des Präsidenten und wegen einer Demonstration von «Occupy Wall Street» kommt er nur im Schritttempo voran. Unterwegs steigen einige seiner Berater und ein Arzt in seinen Wagen ein und aus, er begegnet mehrere Male kurz seiner Frau und hat flüchtigen Sex mit einer Kunstagentin und einer Leibwächterin. Bei einer Fehlspekulation mit chinesischen Yuans verliert Packer einen Grossteil seines Vermögens. David Cronenberg verfilmt den gleichnamigen Roman von Don DeLillo – in dem dieser schon 2003 das Platzen der Subprime-Blase von 2008 vorwegnahm – als klaustrophobisches Kammerspiel in einem Ambiente aus Marmor und Leder. Dass Packer von «Twilight»-Star Robert Pattinson verkörpert wird, ist eine hübsche Pointe in einem Plot, dessen blutsaugerische Assoziationen offensichtlich sind. «Der Berliner Kulturwissenschaftler Joseph Vogl hat ein bemerkenswertes Buch, ‹Das Gespenst des Kapitals›, geschrieben, in dem er den ökonomischen Theorien der Gegenwart die Heilsversprechen austreibt und mit der Vorstellung aufräumt, die deregulierten Märkte hielten sich selbst im Gleichgewicht und wir alle profitierten von ihrem freien Spiel. Vogl nennt diesen Glauben ‹Oikodizee›. (…) Was ‹Cosmopolis› gelingt, ist eine ganze Menge. Die Asymmetrien des Films, das Nebeneinander von Überschuss und Mangel, der Todeswunsch des Protagonisten, die Art, wie sich der Film gegen die Aussenwelt abschirmt und dabei den handelsüblichen Kinorealismus verweigert: All dies bildet ein Narrativ für etwas, was sich sonst meist der Erzähl- und Darstellbarkeit entzieht oder elend verknappt wird wie zuletzt in Oliver Stones ‹Wall-Street›-Sequel. Bei DeLillo und Cronenberg werden die Aporien des gegenwärtigen Finanzsystems in eine komplexe Fiktion verwandelt, an deren Ende (…) die ‹Oikodizee› entzaubert ist.» Cristina Nord, taz
Mit einer Einführung durch Dr. Scott Loren und PD Dr. Jörg Metelmann, Dozenten für Kulturwissenschaft an der Universität St.Gallen.