
Norte, the End of History
Regie: Lav Diaz
Darst.: Sid Lucero, Archie Alemania, Angeli Bayani, Mailes Kanapi, Mae Paner, Solimann Cruz, Hazel Orencio, Ian Lomongo, Kristian Chua u.a.
Der Jusstudent Fabian stammt aus gutem Haus, hängt gerne mit Kommilitonen herum, schwadroniert von Revolution und davon, dass man endlich etwas tun müsse. Niemand nimmt das Gerede ernst, und doch schreitet Fabian eines Tages zur Tat und ersticht Magda, die fette Pfandleiherin aus dem Quartier. Er kann unerkannt fliehen, ohne zu wissen, dass die wegen ihrer Gier verhasste Frau kurz vor der Mordtat einen heftigen Streit mit dem armen Schlucker Joaquin hatte. Dieser möchte zusammen mit seiner Frau einen Imbissstand eröffnen, ist aber wegen eines Unfalls arbeitsunfähig und bei Magda verschuldet – und man sah ihn, wie er ihr Haus verliess. Joaquin kommt ins Gefängnis, wird zu lebenslänglich verurteilt, derweil Fabian nach und nach innerlich zerrissen wird. Aus dieser an Dostojewskis «Schuld und Sühne» angelehnten Geschichte entwickelt der Philippine Lav Diaz in bestechend schönen, meist fixen Einstellungen – ein Markenzeichen seines Kinos – ein Epos, das die Konsequenzen eines Mordes unerbittlich durchdekliniert. Der Hintergrund des Films, auf den auch der Titel Bezug nimmt, ist die Bewältigung der Diktatur von Ferdinand Marcos – bei Diaz ein stets präsentes Motiv. Der Gewaltherrscher Marcos, der die Philippinen von 1972 bis 1986 terrorisierte und zusammen mit seinem Familienclan ausplünderte, stammte aus dem Norden des Inselstaates, und noch heute, 25 Jahre nach Marcos’ Tod, üben in dieser Region Clan-Mitglieder ihre Herrschaft aus. «Norte, the End of History» wurde 2013 in Cannes uraufgeführt und ist der vorletzte Film des 1958 geborenen Lav Diaz, der mit seinem bis anhin letzten Werk «From What Is Before» 2014 in Locarno den Pardo d’oro gewann. «Eine eindrucksvolle Schilderung des Lebens auf den Philippinen. In losen, hingetupften Szenen, deren ganze Tragweite und Komplexität sich erst nach und nach entfalten, entwirft Lav Diaz in fliessenden, schwebenden Bildern das Porträt einer Gesellschaft, die vieles durchlitten hat.» Joachim Kurz, kino-zeit.de