Im Keller

A 2014, 81 min, DCP, D
Regie: Ulrich Seidl
Mitw.: Fritz Lang, Alfreda Klebinger, Manfred Ellinger, Inge Ellinger, Josef Ochs, Alessa Duchek, Gerald Duchek, Cora Kitty u.a.

Dass Menschen in Österreich – und nicht nur dort – in den Kellern ihrer Einfamilienhäuschen schlimme Dinge treiben, wissen wir spätestens seit den Fällen Natascha Kampusch und Josef Fritzl. Und für Ulrich Seidl, Österreichs filmendes Enfant terrible, war dieses Thema schon seit langer Zeit ein Herzensprojekt. «Im Keller» ist ein dokumentarischer Essayfilm über Obsessionen, eine Freak-Show, angesiedelt im Souterrain der Seelen unseres östlichen Nachbarlandes und in den für Seidl charakteristischen, genau durchkomponierten Tableaus gefilmt. Dabei verwischt der Meister hier mehr noch als in seinen früheren Filmen die Grenze zwischen Dokumentarischem und Inszeniertem. Es sei hier die klare Warnung ausgesprochen: «Im Keller» enthält Szenen, die das Empfinden sensibler Zuschauer verletzen können. Die Schockmomente in Seidls «Paradies»-Trilogie, die wir 2013 im Kinok zeigten, sind im Vergleich dazu harmlose Gute-Nacht-Geschichten. «Das ‹Abgründige›, das Seidl angeblich immer sucht, ist nicht das Gegenteil des Normalen, sondern ein Teil davon. Nicht, dass die Welten, in die wir in seinen Filmen gelangen, so ‹exotisch› sind, ist der Skandal, sondern dass sie uns so nahe sind. Dass Seidl dabei nicht ‹voyeuristisch› ist, wie man ihm gelegentlich vorwirft, zeigt sich im Übrigen gerade in den Szenen der sexuellen Inszenierungen; was die Menschen da tun, kann einem schon sehr merkwürdig, sehr unangenehm erscheinen; die Menschen selber aber sind es nicht. Das ist vielleicht der genau umgekehrte Vorgang wie in einer ‹pornografischen› Inszenierung. In Seidls Filmen wird klar, dass das Alltägliche eine Schimäre ist, eine Illusion. Man muss, zum Beispiel, nur in den Keller mit den Menschen gehen, um das zu verstehen.» Georg Seesslen, epd film