
El viento se llevó lo que–Das letzte Kino der Welt
Regie: Alejandro Agresti, ARG 1998, 83 min, O/d.
«Ohne mich würden die Leute vor Langeweile sterben», behauptet Caruso, der Betreiber des einzigen Kinos von Río Pico. Recht hat er. In dem abgelegenen patagonischen Kaff gibt es in den siebziger Jahren weder Radio noch Fernsehen. Weil aber die Filmkopien völlig ramponiert im letzten Kino der Welt eintreffen, stückelt Caruso die Zelluloidschnipsel so zusammen, wie sie ihm in die Finger geraten. Mit verheerenden Folgen: Die jüngeren Dörfler sprechen in wirren Kinodialogen aneinander vorbei. In diesen grotesk verdrehten Filmkosmos verirrt sich Soledad aus Buenos Aires und wird prompt vom Dorfältesten zur Wochenschau-Reporterin bestimmt. Ihre Kurzfilme sollen das Kommunikationsproblem kurieren. Die kauzigen Figuren des Argentiniers Alejandro Agresti sind wie die Filme, die sie sehen: wirr, absonderlich und verschroben. Doch gerade ihre Realitätsferne und Naivität ermöglichen ihnen in einer brutalen Militärdiktatur ein vergleichsweise friedliches Leben. Mit schrägen Kinoszenarien hat Agresti, dessen surreale Posse am Festival von San Sebastian ausgezeichnet wurde, durchaus Erfahrung: Sein erstes Werk stückelte der Sechzehnjährige aus Filmrollen zusammen, die er einem Fernsehstudio geklaut hatte. «El viento se llevó lo que» schildert nicht nur symbolreich die geistige und kulturelle Isolation Argentiniens während der Zeit der Diktatur, sondern ist auch eine leidenschaftliche Hommage an das Kino und seine grosse emotionale Kraft.