
Vortrag der amerikanischen Filmwissenschaftlerin Linda Williams
Als die amerikanische Filmwissenschaftlerin Linda Williams 1989 ihr Buch «Hard Core» veröffentlichte, war sie die erste Akademikerin, die sich ohne moralische Wertung mit dem pornografischen Filmschaffen auseinandersetzte. Heute ist ihr Buch ein Klassiker der Filmwissenschaft. 1991 definierte sie Melodrama, Pornografie und Horrorfilme als Body Genres, die speziell den Körper der Zuschauer adressieren: Das Melodrama ziele auf die Tränen, der Porno auf die Lust, der Horrorfilm auf den Schrecken des Betrachters. Den Begriff des Melodramas hat die Filmwissenschaftlerin stark erweitert und zu einer kulturellen Meta- oder Megaform umgedeutet, in der der Westen über sich spricht: «Melodrama is the fundamental mode of popular American moving picture.» Sie liest nicht nur Douglas Sirks «Written in the Wind», sondern auch Ted Kotcheffs Actionfilm «Rambo» als Melodrama.Linda Williams hat für ihren Abend im Kinok zwei Filme ausgewählt, die für sie besondere Wichtigkeit hatten: «Belle du jour» und «Ai no korîda – Im Reich der Sinne». Zwei Skandalproduktionen, in denen die Psyche, das Begehren und die (bürgerliche) Ordnung der Blicke die entscheidende Rolle spielen. Zwischen beiden Filmen darf man auf ihre Ausführungen gespannt sein, wie sich die Körper und die Bilder in ihrem Leben und ihrer Theorie verbunden haben.