Premierenfilm

Jeder schreibt für sich allein

DE 2023, 167 Min, DCP, D, ab 12 Jahren
Regie: Dominik Graf, Felix von Boehm
Mitw.: Anatol Regnier, Florian Illies, Géraldine Mercier, Albert von Schirnding, Christoph Stölzl, Henrike Stolze, Günter Rohrbach, Gabriele von Arnim, Julia Voss u.a.

Der 1945 geborene Schriftsteller und Chansonnier Anatol Regnier, Enkel von Frank Wedekind, publizierte 2020 den Essayband Jeder schreibt für sich allein. Regisseur Dominik Graf, bekannt sowohl für seine «Tatort»- und «Polizeiruf 110»-Episoden als auch für seine Kinofilme («Fabian oder Der Gang vor die Hunde», «Die geliebten Schwestern»), hat in enger Zusammenarbeit mit Regnier dessen Werk über sieben Schriftsteller:innen, die während des NS-Regimes in Deutschland geblieben waren, in eine so komplexe wie spannende filmische Form gebracht. Am Anfang des trotz seiner Länge kurzweiligen Films steht der US-Psychiater Douglas M. Kelley, Gutachter der Hauptangeklagten bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen. Die Ergebnisse aus den psychologischen Rorschach-Tests, die er mit den Nazi-Grössen durchführte, wurden nie publiziert, weil sie in keiner Weise dem entsprachen, was die Öffentlichkeit zu finden erwartete: wahnsinnige Kreaturen, die mit einem Menschen so viel gemein hätten wie ein Skorpion mit einem Hundewelpen. Stattdessen fand man Männer, die von schwer verhaltensgestörten Neurotikern bis hin zu sozial gut angepassten Zeitgenossen reichten. Ausgehend von dieser intellektuellen Rahmung beleuchtet Graf mit Co-Regisseur Felix von Boehm ein weites Spektrum deutscher Literat:innen. Unter ihnen finden sich Nazi-Karrieristen wie Hanns Johst und Will Vesper, Opportunisten wie Gottfried Benn – und so rätselhafte Grössen wie Erich Kästner und Hans Fallada. Bert Rebhandl schreibt in der FAZ: «Die hoch aktuelle Frage, wie weit Werk und Persönlichkeit sich trennen lassen: Dafür tut Dominik Graf alles, um sie lebendig werden zu lassen. Er arbeitet mit Mitteln der Reportage, etwa wenn er Anatol Regnier ins Literaturarchiv Marbach oder in das Hotelzimmer begleitet, in dem Klaus Mann im Exil abgestiegen war. Und während Regnier die Bühne für sein Buch bekommt, nutzt Graf seinerseits alle filmischen Möglichkeiten für eine avancierte Form literaturhistorischer Dokumentation. In ihr spielen eben nicht nur das gesprochene und das geschriebene Wort eine Rolle, sondern auch jede erdenkliche Form von Dokument.»

 

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