Premierenfilm

Bad Luck Banging or Loony Porn

RO/LU/CZ/HR/CH/UK 2021, 106 Min., DCP, O/d, ab 18 Jahren
Regie: Radu Jude
Darst.: Katia Pascariu, Claudia Ieremia, Olimpia Malai, Nicodim Ungureanu, Alexandru Potocean, Andi Vasluianu, Oana Maria Zaharia, Gabriel Spahiu u.a.

Lustvoll, zügellos, explizit: Emi und ihr Mann haben ausschweifenden Sex. Leider auch auf Video. Gut drei Minuten dauert das Filmchen, das die junge Emi, ihres Zeichens geachtete Geschichtslehrerin an einem Bukarester Gymnasium, in trauter Zweisamkeit mit ihrem Gatten zeigt. Das Dumme dabei: Mit Emis Einverständnis liess der Gatte eine Kamera laufen – und die Aufnahmen landeten im Netz. Dies wohl deshalb, weil Emi den Computer in einen Reparaturshop brachte und ein Angestellter das Filmchen vermutlich ins Internet hochlud. Das erfährt man beiläufig im ersten, mit «Skizze für einen Heimatfilm» betitelten Teil von Radu Judes ätzender Satire auf die bigotte und heuchlerische rumänische Gesellschaft. Man sieht, wie Emi durch die von mörderischem Verkehr und greller Werbung geprägten Strassen Bukarests in ihre Schule hetzt, wo sie sich auf Geheiss der Schulleitung vor versammelter Elternschaft erklären soll. Bevor sie die Schule erreicht, bricht der Erzählstrang ab. Im zweiten Teil – «Ein kompaktes Lexikon mit Anekdoten, Zeichen und Wundern» – lässt Regisseur Radu Jude wild assoziativ und alphabetisch geordnet Begebenheiten aus Rumäniens Geschichte im 20. Jahrhundert aufblitzen. In «Praxis und Anspielungen (Sitcom)» folgt Emis Aussprache mit Schulleitung und Elternschaft. In improvisiert wirkenden Dialogen entwickelt sich eine bitterböse Farce, bei der einem das Lachen im Halse stecken bleibt. Die Lehrerin wird nicht nur für ihr Sexleben zur Verantwortung gezogen, sondern auch für die rumänische Geschichte des 20. Jahrhunderts, die Psychologie der Kinder und die Emanzipation … Über den irrwitzigen und konfrontativen Berlinale-Gewinner schreibt Katja Nicodemus in Die Zeit: «‹Bad Luck Banging or Loony Porn› ist wie alle Filme von Radu Jude zugleich ernst und unterhaltsam, getrieben von aufklärerischer Wut. Wie eine cineastische Wühlmaus erkundet der 43-Jährige die verschiedensten Genres – schwarze Komödie, Western, inszenierter Dokumentarfilm – und bleibt bei seinem Thema: dem Totalitarismus, seinen Vorläufern und seinen Nachwirkungen in der rumänischen Gegenwart.»

 

Reservieren:

Trailer