Premierenfilm

Nemesis

CH 2020, 132 min, DCP, D, ab 8 Jahren
Regie: Thomas Imbach

Der alte Güterbahnhof in Zürichs Kreis 4, ein riesiger, 1897 im Stil des Historismus erbauter Kopfbau aus der Blütezeit des Eisenbahnbooms, wurde 2013 abgerissen. Der mehrteilige Gebäudekomplex musste weichen, um Platz zu schaffen für das Polizei- und Justizzentrum Zürich (PJZ), das grösste seiner Art in der Schweiz, ein 750 Millionen teures Prestigeprojekt der Zürcher Regierung, das nach mehreren Anläufen vom Zürcher Stimmvolk gutgeheissen wurde. Während sieben Jahren, von 2013 bis 2020, filmte Thomas Imbach aus dem Fenster seines Wohnateliers das Zerstörungswerk und anschliessend das langsame Entstehen des monströsen neuen Bauwerks. Imbach, der bereits 2011 mit «Day Is Done» ein essayistisches Langzeitprojekt vom gleichen geografischen Standort aus realisierte, beweist erneut, dass er zu den originellsten Stimmen des Schweizer Kinos zählt. Sein neuer Film, der seine Weltpremiere vor einem Jahr in der Online-Ausgabe des Festivals Visions du Réel von Nyon erlebte, entzieht sich jeder Kategorisierung und wird seinem Titel – Nemesis ist die griechische Göttin des Zorns – ohne vordergründiges Pathos in jeder Einstellung gerecht. Pascal Blum schreibt im Tages-Anzeiger: «Wer Freude hat an Drehbohrgeräten, befindet sich hier im richtigen Dokumentarfilm. Es tanzen die Kipper, es walzen die Walzen, der Schnitt springt, die Zeit wird gerafft oder läuft rückwärts. Das Sounddesign funktioniert wie eine Komposition, es verwandelt die Bauarbeit zuweilen in einen Roadrunner-Cartoon. (…) Dabei ist ‹Nemesis› nicht einfach ein gefilmter Bericht fürs Sozialarchiv, sondern ein welthaltiges Porträt aus der Innenperspektive; bei Imbach gibt’s ja immer beides, die überraschende Bildkomposition und die dokumentarische Beobachtung. (…) Dazu erinnert sich der Regisseur aus dem Off an verstorbene Freunde wie Peter Liechti, und man hört Fluchtgeschichten von Menschen, die im Gefängnis in der Schweiz auf ihre Ausschaffung warten. Ein Stück Stadtgeschichte weitet sich da zu einem politischen Essay über die nationale Obsession mit dem Verbergen; alles Unangenehme wird rückgebaut oder weggesperrt.»

 

Die Vorstellungen am 3. Juni finden in Anwesenheit des Regisseurs Thomas Imbach statt. Das Gespräch führt der Filmjournalist Geri Krebs.

 

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