Fredi M. Murer – Chronist und Visionär

Liebe und Zufall

CH 2014, 110 min, DCP, Dialekt/d, ab 12 Jahren
Regie: Fredi M. Murer
Darst.: Sibylle Brunner, Werner Rehm, Ueli Bichsel, Silvana Gargiulo, Andri Schenardi, Monica Gubser, Peter Jecklin, Ueli Jäggi, Sarah Spale, Mona Petri, Mike Müller u.a.

Die kinderlose Seniorin Elise lebt seit fünfzig Jahren als Gattin des deutschen Architekten Paul in einer Villa am Zürichberg. Zur Bekämpfung der Langeweile hat Elise vor Kurzem unter dem Titel «Eigentlich habe ich nichts erlebt» ihre Lebenserinnerungen publiziert. Das gefloppte Buch fällt eines Tages in die Hände des Theatermanns Enrique, der den Stoff zum Stück «Knacks» verarbeitet. Hauptdarstellerin ist die von ihm entdeckte Italienerin Angela, die zwar Bühnenerfahrung hat, derzeit aber als Haushälterin arbeitet – bei Elise und Paul. Aus diesen Figuren entwickeln Fredi Murer und Co-Autor Rolando Colla einen raffinierten Plot, der – bald Volkstheater, bald bedächtiges Konversationsstück – lustvoll mit unterschiedlichen Elementen spielt: die Trauer um ein verpasstes Leben, die Spiegelung einer sechzig Jahre zurückliegenden, unerfüllten Liebe, das Abtreten von der Bühne des Daseins – und die Entstehung des Theaterstücks aus eben diesen Elementen. Acht Jahre nach dem Grosserfolg «Vitus» hatte Fredi Murer Mühe, sein letztes, oft unterschätztes Filmprojekt finanziert zu bekommen. Sowohl das Bundesamt für Kultur als auch die Zürcher Filmstiftung verweigerten sich. Doch mit einem immensen Kraftakt und begleitet von Kamerameister Pio Corradi und hervorragenden Darstellern, allen voran Sibylle Brunner als scharfzüngige Elise und Schaubühne-Mitbegründer Werner Rehm als Paul sowie den Kinodebütanten Ueli Bichsel als Enrique und Silvana Gargiulo als Angela, schaffte Murer ein Werk, das hochartifiziell ist und zugleich eine Liebeserklärung an ein kleinräumiges Zürich mit seinen Altstadtgassen, seinen Läden und Kleintheatern und einer verschwindenden Überschaubarkeit. Senta van de Weetering schrieb 2014 im Schweizer Filmjahrbuch Cinema: «Virtuos zeigt sich Altmeister Murer darin, eine fünfzigjährige Beziehung zu durchleuchten (…). Bemerkenswert ist auch die Geschichte hinter dem Film: Inspiriert von vier Romanen und den Lebenserinnerungen von Murers Mutter, aufgezeichnet im Alter von 70 bis 80 Jahren. Titel eines der Romane: ‹Liebe und Zufall›. Murer, einstmals Experimentalfilmer und professionelles Enfant terrible der Schweizer Filmszene, hat nun dank diesem familiären Anstoss einen wunderbar altmodischen Film geschaffen, der dem Leben und seinen vertrackten Wendungen, aber auch der eigenen Altersmilde mit einem liebenswürdigen Augenzwinkern begegnet.»

 

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