Premierenfilm

Grâce à Dieu

FR/BE 2018, 137 min, DCP, F/d
Regie: François Ozon
Darst.: Melvil Poupaud, Denis Ménochet, Swann Arlaud, Éric Caravaca, Josiane Balasko, François Marthouret, Bernard Verley, Martine Erhel, Hélène Vincent u.a.

Es beginnt mit einer erschütternden E-Mail an die Diözese von Lyon, verfasst vom 40-jährigen Banker Alexandre, der glücklich verheiratet, Vater von fünf Kindern und ein gläubiger, aktiver Katholik ist. Alexandre berichtet Ungeheuerliches und lüftet ein verdrängtes Geheimnis: In den späten 1980er-Jahren ist er als Messdiener, noch minderjährig, vom Priester Bernard Preynat sexuell missbraucht worden. Da Preynat noch immer im Dienst der Kirche ist, wendet sich Alexandre an den Bischof von Lyon, Kardinal Philippe Barbarin. Zwar wird er vom Bischof angehört und Preynat bestreitet die Tat auch nicht, doch obwohl Alexandre insistiert, passiert nichts. Mit seinem bewegenden Spielfilm «Grâce à Dieu» greift François Ozon zum ersten Mal ein aktuelles, reales Thema auf. Die Beschuldigten versuchten die Premiere des Films an der diesjährigen Berlinale erfolglos vor Gericht zu verhindern. Die Missbrauchsfälle und die Vertuschung in Lyon hatten in Frankreich die Öffentlichkeit erschüttert. Ozon inszeniert das fast dokumentarisch und zugleich wie einen Krimi; mit hoher Sensibilität schildert er, wie aufreibend es für die Missbrauchsopfer ist, sich Gehör zu verschaffen, wie lange es dauert, bis neben Worten und Gebeten auch rechtliche Konsequenzen folgen. Am Beispiel von drei Männern macht Ozon zugleich deutlich, wie unterschiedlich diese mit dem Missbrauch umgehen. Alexandre hält am Glauben und an der Institution fest, François hat sich von der Kirche abgewandt, während Emmanuel psychisch und physisch unter den Taten leidet. Aber auch ihre Familien sind Betroffene. Sie gründen den Verein «La parole libérée» und suchen weitere Opfer, vor allem solche, die nicht juristisch verjährt sind. Denn «Grâce à Dieu» (Gott sei Dank) heisst das aufwühlende Drama wegen einer Aussage von Kardinal Barbarin: Gott sei Dank, sagte er an einer Medienkonferenz, seien die Fälle verjährt. Letztes Jahr wurde aufgrund der Ereignisse in Lyon die Verjährungsfrist in Fällen von Kindsmissbrauch von 20 auf 30 Jahre nach Volljährigkeit angesetzt. Am 7. März 2019 wurde Kardinal Barbarin wegen Nichtanzeige der sexuellen Übergriffe zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt. Er ging in Berufung und gilt weiterhin als unschuldig. Am 4. Juli 2019 hat ein Kirchengericht Pater Preynat des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen für schuldig befunden. Ein Zivilverfahren dürfte folgen.

 

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