Premierenfilm

Ray & Liz

UK 2018, 108 min, DCP, E/d-f
Regie: Richard Billingham
Darst.: Justin Salinger, Ella Smith, Patrick Romer, Richard Ashton, Jamie-Lee Beacher, Michelle Bonnard, Sam Dodd, James Eeles, Sam Gittins, James Hinton u.a.

Der früh gealterte Alkoholiker Ray haust in einer verwahrlosten Einzimmerwohnung und verlässt das Bett nur, um aus verbeulten Plastikflaschen die nötige Ration Kochwein zu sich zu nehmen, die ihm ein junger Mann regelmässig vorbeibringt. Auch in den Rückblenden, die das Leben des sich langsam zu Tode saufenden Mannes umrahmen, verbringt er viel Zeit im Bett, meist komatös schnarchend, daneben wie ein tätowierter Wal seine Frau Liz – die ihn später verlassen wird. Zwischen dieser tristen Szenerie krabbeln, sich selbst überlassen, die gelangweilten Söhne herum, dazu läuft unentwegt der Fernseher. Der Fotograf Richard Billingham (*1970), aufgewachsen in elenden Verhältnissen in Birmingham, wurde 1996 mit dem Bildband «Ray’s A Laugh» international bekannt. Die darin enthaltenen Bilder seiner Eltern – der Vater Alkoholiker, die Mutter übergewichtig und am ganzen Körper tätowiert – stehen stellvertretend für die britische Unterschicht in der Ära Margaret Thatcher. Mit «Ray & Liz», seinem ersten Spielfilm, kehrt Billingham nach mehr als 20 Jahren in die Welt seiner Fotografien von damals zurück, setzt diese in Bewegung und lässt die realen Vorbilder von Laien und unbekannteren Schauspielern verkörpern. Unter ihnen ragt die 1983 geborene Ella Smith heraus, die als Liz eine erstaunliche Performance hinlegt. Die Weltpremiere feierte «Ray & Liz» 2018 am Locarno Festival, wo er einer der meist beachteten Filme des internationalen Wettbewerbs war. Michael Sennhauser schrieb damals in seinem Blog: «Billingham schildert mit vordergründig völlig neutraler Präzision ein Sozialsystem, das Familien wie der seinen keine Hilfe bringt, aber knapp ihr Überleben sichert. Ray und Liz sind überfordert, verloren. Ihre Söhne richten sich ein, schlagen sich durch. Anders als bei Ken Loach zeigt der Film keine weiteren Mechanismen, keine Profiteure, bloss Symptome in einer zerfallenden Welt, die stets den Hauch eines Anscheins aufrechterhält, aber fault und vegetiert. Für Ray ist Liz der einzige Brennpunkt. Auch als sie schon lange nicht mehr bei ihm ist. Für Liz ist schon lange alles zu viel. Und wer es nicht rechtzeitig raus schafft, der muss sich damit abfinden. (…) Nein, das ist kein angenehmer Film. Aber ein präziser, klarsichtiger. Und in seiner Verdichtung ist er dokumentarischer und effizienter, als es ein Dokumentarfilm je sein könnte.»

 

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