Adel verpflichtet: Luchino Visconti

Gruppo di famiglia in un interno

IT/FR 1974, 121 min, Digital HD, I/d
Regie: Luchino Visconti
Darst.: Burt Lancaster, Helmut Berger, Silvana Mangano, Claudia Marsani, Stefano Patrizi, Elvira Cortese, Philippe Hersent, Guy Tréjan, Jean-Pierre Zola, Romolo Valli u.a.

Der Professor, ein älterer menschenscheuer Mann, ist aus den USA in seine Heimatstadt Rom zurückgekehrt und lebt nun zurückgezogen in seinem alten Palazzo, in einer Wohnung voller kostbarer Gemälde und Bücher. In diese beschauliche, aber auch etwas unbelebte Idylle platzt eines Tages die exzentrische Marchesa Brumonti mit ihrer Entourage: ihrer Tochter Lietta, deren Verlobten Stefano und ihrem Geliebten Konrad. Obwohl den Professor die dreiste Aufdringlichkeit der Marchesa abstösst, erliegt er dem freundlichen Charme Liettas und der Faszination für Konrad. Dieser, einst ein Kunststudent, hatte sich 1968 während der Studentenrevolte politisch engagiert, rutschte aber später in zwielichtige Aktivitäten ab. Zunehmend wird der Professor in das turbulente Familienleben hineingezogen und beobachtet mit einem zwischen Anziehung und Abscheu schwankenden Interesse diese ihm fremde Welt. Nach einem Herzinfarkt machte Visconti in seinen beiden letzten Filmen seine gesundheitliche Anfälligkeit und Einschränkung durch einen Rückzug ins Innere – seelisch wie räumlich – zum Thema. Der Titel des Films, englisch «Conversation Piece», bezieht sich auf ein kunstgeschichtliches Genre des 18. Jahrhunderts, das Familien oder andere Gruppen beim geselligen Beisammensein zeigt. Visconti stellt diesen Bildern, die auch in der Wohnung des Professors hängen, ein filmisches Gemälde aus dem 20. Jahrhundert gegenüber. Wolfram Schütte schreibt in seiner Visconti-Monografie: «In seinem späten Schaffen kehrt Visconti zu einem Gegenwartsstoff zurück, der das sehr reale Gespenst eines faschistischen Putsches – finanziert von italienischen Grossindustriellen und Adligen – ebenso beschwört, wie er die Reste linker Utopien in der Person Konrads und seiner Verstrickung in Drogengeschäfte thematisiert (…). Viscontis Auseinandersetzung mit dem Tod und der altersbedingten Erfahrung der Unzeitgemässheit war schon am Fürsten von Salina in ‹Il gattopardo› und zentral in der Gestalt Gustav von Aschenbachs und seiner letzten Liebe in ‹Morte a Venezia› erkennbar. Was dort, reflektiert in literarischen Vorlagen, metaphorisch verklausuliert und in historische und ästhetische Distanz gerückt erschien, tritt einem nun in ‹Gruppo di famiglia› wie in einem Spiegel, unverhüllt und ohne Umschweife, entgegen.»

 

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