Premierenfilm

Ága

BU/DE/FR 2018, 96 min, DCP, O/d-f
Regie: Milko Lazarov
Darst.: Mikhail Aprosimov, Feodosia Ivanova, Galina Tikhonova, Sergei Egorov, Afanasiy Kylaev u.a.

Nanook und Sedna sind nicht mehr die Jüngsten. Das Paar lebt noch so archaisch und naturverbunden, wie es ihr Volk stets tat, in einer Jurte in den schneebedeckten Weiten im Norden Sibiriens. Sie sind mittlerweile die Letzten ihrer Gemeinschaft, die Nachbarn und ihre Tochter sind längst weggezogen. Ihr einfaches Leben wird zunehmend beschwerlicher. Beim Eisangeln ist der Ertrag nicht mehr so ergiebig wie früher und Rentiere gibt es auch keine mehr. Als Nanook eines zu sehen glaubt, traut Sedna seiner Entdeckung nicht – es sei wohl ein Traumbild gewesen. Als der junge Chena sie mit dem Schneemobil besucht, bringt er Feuerholz und Lebensmittel mit – und Grüsse von Tochter Ága, die die Eltern sehr vermissen. Sedna würde allzu gerne die lange Reise zu ihr machen; sie arbeite in einer Diamantenmine, weiss Chena zu berichten. Die Reise zu Ága bestimmt die zweite Hälfte des Films, doch es wird eine andere sein, als sich das Ehepaar erhofft hatte. Der bulgarische Regisseur Milko Lazarov hat mit «Ága» so etwas wie eine Hommage an den grossen Klassiker des frühen Dokumentarfilms «Nanook of the North» (1922) von Robert J. Flaherty geschaffen; zugleich ist sein Film eine moderne Interpretation dieses Werks und eine melancholische Ode an die Lebenswelt der nordischen Urvölker. Lazarov nennt seine männliche Hauptfigur gleich wie Flaherty und arbeitet ebenfalls in einem fast dokumentarischen Stil, wenn er den Alltag des älteren Paares in der Eiswüste schildert. Dies tut er in grandiosen Bildern: Der Himmel ist oft ganz weit und gelegentlich ziehen Flugzeuge vorbei. Manchmal zeigt er den Himmel nur als schmales Band am Horizont und die weisse Schneelandschaft scheint darunter fast unendlich, die Menschen und Tiere verschwindend klein. Das bedächtige, unaufgeregte Erzähltempo entspricht dem Alltag und dem Alter des Paares, dennoch schaut man gebannt zu, weil kein Zweifel besteht, dass man hier eine traditionelle Lebensweise vor Augen hat, die zu Ende geht. Am Schluss des Films malt Milko Lazarov dafür ein überwältigendes Bild der Trauer. «Ága», zuvor geprägt von einer ruhigen Poesie der Kargheit, schliesst in einer wuchtigen Metapher, begleitet vom Adagietto aus der 5. Sinfonie von Gustav Mahler. Ein Bild, das nachhallt.

 

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