Premierenfilm

Lazzaro felice

IT/CH/FR/DE 2018, 125 min, DCP, I/d-f
Regie: Alice Rohrwacher
Darst.: Adriano Tardiolo, Alba Rohrwacher, Sergi López, Nicoletta Braschi, Agnese Graziani, Luca Chikovani, Natalino Balasso, Tommaso Ragno, Daria Pascal Attolini u.a.

Irgendwo im ländlichen Süditalien, in einer unbestimmten Zeit: Der junge Lazzaro ist als Knecht auf dem Gutshof einer Gräfin für alles Mögliche zuständig. Egal ob die Grossmutter ins Haus getragen werden soll, Hühner eingefangen oder Kisten geschleppt werden müssen, stets wird Lazzaro gerufen. So wie er von den anderen Mitgliedern der Belegschaft ausgenutzt wird, was er als normal empfindet, so werden auch alle anderen Arbeiterinnen und Arbeiter auf dem Hof ausgebeutet: Sie glauben, dass sie noch in der Epoche der Leibeigenschaft leben und ihrer Gräfin gehören. Als der Betrug auffliegt, finden sie sich unversehens in einer Grossstadt im Italien der Gegenwart wieder. Vieles ist anders, doch die Grundstrukturen der Gesellschaft sind immer noch gleich. Nach «Corpo celeste» und «Le meraviglie» ist dieser dritte lange Spielfilm von Alice Rohrwacher – deren Schwester Alba auch hier wieder als Schauspielerin zu bewundern ist – der endgültige Beweis dafür, dass die 1982 in der Toskana geborene Regisseurin die derzeit wohl wichtigste weibliche Stimme des italienischen, ja, vielleicht sogar des europäischen Kinos ist. Eine wahre Episode inspirierte Rohrwacher zum Film: die Geschichte einer Gräfin, die auch nach der endgültigen Abschaffung der Leibeigenschaft in Italien 1982 (!) einfach weitermachte, wie wenn nichts geschehen wäre. Susanne Ostwald schrieb in der NZZ: «Alice Rohrwachers Film ‹Lazzaro felice› ist zugegebenermassen etwas sonderbar, aber gerade deswegen faszinierend. Mit ihrem märchenhaft verklärenden Ton verortet die Regisseurin ihre Geschichte im zeitlichen ‹Es war einmal›. (…) Wie Rohrwacher die Lazarus-Legende, ihre verschiedenen Versionen, Motive und Deutungen in ihr Drehbuch eingeflochten hat, ist überaus raffiniert. Es geht um Wiederauferstehung sowie die Gabe, Tiere und Pflanzen, die als ausgestorben galten, wiederzufinden – und um den Armen, der nur begehrt, was von der Tafel des Reichen fällt. Hier setzt Rohrwachers Sozialkritik an, die sich indes einer realistischen Betrachtung verweigert. Vielmehr führt sie den gleichnishaften Ton der Legende fort und setzt sie anspielungsreich ins Bild. Das ist traurig-schön, mitunter auch komisch und vor allem ziemlich grotesk. Italien, kein Land, in dem die Zitronen blüh’n, sondern wo die welke Grandezza blättert.»

 

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