Roter Oktober: 100 Jahre Russische Revolution

Die seltsamen Abenteuer des Mr. West im Land der Bolschewiki

UdSSR 1924, 80 min, DCP, stumm, russische Zwischentitel/d
Regie: Lew Kuleschow
Darst.: Porfiri Podobed, Boris Barnet, Wsewolod Pudowkin, Alexandra Chochlowa, Sergej Komarow, G. Charlampijew, Leonid Obolenski, Wera Lopatina u.a.

Mit vielen Vorurteilen reist Mr. West, seines Zeichens Vorsitzender der YMCA, in die Sowjetunion, um seine Vereinigung bekannt zu machen. Begleitet wird er von seinem Bodyguard Jeddy, einem waschechten Cowboy. Mr. Wests Ankunft in Moskau bleibt nicht unbemerkt, da er mindestens ein halbes Dutzend Koffer mit sich führt. Prompt wird ihm die Aktentasche gestohlen, was seine Überzeugung bestätigt, dass er sich in Moskau unter Wilden befindet. Der Dieb gibt die Nachricht von der Ankunft des reichen Ausländers an seine Bande weiter, die das grosse Geld wittert und einen Coup ausheckt. In «Mr. West» hat sich Kuleschow einiges bei den Meistern des amerikanischen Slapsticks abgeschaut; die Hauptfigur Mr. West wurde in Aussehen und Gestik ganz dem amerikanischen Komiker Harold Lloyd angeglichen. Dazu sind zwei der bedeutendsten russischen Regisseure der Zeit in Hauptrollen zu sehen: Boris Barnet als Jeddy und Wsewolod Pudowkin als Gangsterboss. «Mit seinen Überlegungen zur Montage hat Lew Kuleschow dem sowjetischen Revolutionsfilm das Fundament gelegt. Mit Mr. West öffnet er ihm praktisch die Pforten – Jahre vor den Hauptwerken von Wertow, Dowschenko, Eisenstein, Pudowkin. Nur bei näherem Hinsehen und erst im (durchaus heiteren) Finale gibt sich dieser grösste Publikumserfolg im nachrevolutionären Russland als Propagandafilm mit marschierenden Rotarmisten zu erkennen. Davor ist alles komödiantisch und burlesk. Vor einem realen, tiefwinterlich verschneiten Prospekt namens Moskau sieht man Kuleschows Akteure einander auf Motorrädern, in Autos und Pferdeschlitten verfolgen, Stunts absolvieren, Strassen auf Telefonleitungen überqueren, Mauern emporklettern, über verschneite Dächer balancieren, Gesichtszüge exaltiert verrenken und Gliedmassen wie Rufzeichen in die Höhe werfen. Sowjet-Abenteuer-Slapstick. All dies eine Komödie um Klischees, eine Parodie auf Vorurteile. (…) Das Alte und das Neue: eine action-comedy mit Montage. Letztere brachte unter Kuleschows Händen das Kino zum Fliegen, wie sein Schüler Pudowkin befand. Spätere Spielfilme hat er so sehr geprägt, dass er ihnen – bis heute – in Sachen Schnitt und Tempo gleicht.» Harry Tomicek, Filmmuseum Wien

 

Reservieren:

Trailer