Pier Paolo Pasolini zum 100. Geburtstag

Medea

IT/FR/BRD 1969, 118 Min., DCP, I/d, ab 12 Jahren
Regie: Pier Paolo Pasolini
Darst.: Maria Callas, Giuseppe Gentile, Massimo Girotti, Laurent Terzieff, Margareth Clémenti, Paul Jabara, Gerard Weiss, Sergio Tramonti, Luigi Barbini u.a.

Der Königssohn Jason ist auf der Suche nach dem Goldenen Vlies, mit dessen Kraft er seinen Onkel Pelias vom unrechtmässig erworbenen Thron stossen will. In Kolchis trifft er auf Medea, die sich in ihn verliebt und ihm hilft, das Vlies zu stehlen. Zurück in Jasons Heimat heiraten die beiden, doch das Glück währt nicht lange. Jason verlässt seine Familie, um Glauke, die junge Tochter des Königs von Korinth, zu heiraten. In ihrer leidenschaftlichen Liebe tief verletzt, nimmt Medea grausame Rache. Nach «Edipo Re» wendet sich Pasolini erneut einem griechischen Mythos zu und macht sich die Kraft der archaischen Erzählung zu eigen. Er inszeniert seinen Film, eine freie Bearbeitung der Tragödie von Euripides, als Aufeinandertreffen zweier unvereinbarer Kulturen: der rationalistisch-pragmatischen des Griechen Jason und der archaisch-animistischen der Priesterin Medea, die für ihn utopisches Potenzial barg. Für die Rolle der Medea konnte Pasolini – der am wenigsten wahrscheinliche Regisseur, wie ein Biograf meinte – Maria Callas gewinnen. Er inszenierte die Opernsängerin, die für ihre expressive Bühnenpräsenz berühmt war, über weite Strecken gegen ihr Image: streng, zurückgenommen, statuarisch. Pasolini sah in ihr eine moderne Medea und fand in ihrem Leben Parallelen zu ihrer Figur: Wie diese stammt Callas aus einem einfachen sozialen Umfeld und wechselt in die Klasse des Grossbürgertums. Und auch sie steckt nach der schmerzhaften Trennung von Onassis in einer schweren Krise. Callas beeindruckt mit ihrer tranceartigen Darstellung einer Frau, die zu allem fähig ist; der spärliche Dialog verstärkt den hypnotischen Charakter des Filmes. Das Xenix schreibt: «Pasolini versteht Medea auch als Metapher für den postkolonialen Kulturkonflikt. Sie ist für ihn nicht rasende Barbarin, sondern Vertreterin einer utopischen, paradiesischen Welt, die von archaischen Riten bestimmt wird, und sich gegen eine rationale Moderne, die den Sinn für das Metaphysische verloren hat, zur Wehr setzt.» Und Peter Buchka konstatiert in der Süddeutschen Zeitung: «Das sind Bilder von archaischer Wucht, von beeindruckender Schönheit, von umwerfender Fremdheit. ‹Medea› ist der überzeugendste der post-neorealistischen Filme Pasolinis.»

 

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