Premierenfilm

Les Années Super 8

FR 2022, 61 Min., DCP, F/d, ab 16 Jahren
Regie: Annie Ernaux, David Ernaux-Briot
Mitw.: Annie Ernaux, Blanche Madeleine Dumenil Duchesne, Dominique Ernaux, Éric Ernaux, David Ernaux-Briot u.a.

Bevor Annie Ernaux im Winter 2022 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet wurde, stellte die Grande Dame der französischen Literatur am Festival von Cannes ihren Film «Les Années Super 8» vor, den sie mit ihrem Sohn David Ernaux-Briot realisiert hat. Im poetisch-analytischen Stil ihrer literarischen Werke kommentiert sie aus heutiger Perspektive die Super-8-Filme ihres Ehemanns Philippe, der zwischen 1971 und 1981 prägende Jahre ihres Familienlebens mit der neu gekauften Kamera begleitete. Die Homemovies zeigen familiäre Momente wie Ausflüge, Sonntage bei Kaffee und Kuchen, erste Ski- und Schwimmversuche der Kinder, Geburtstags- und Weihnachtsfeiern, aber auch Annie Ernaux, wie sie verschämt an ihrem Schreibtisch an Texten arbeitet – den Drang zu schreiben stellte sie damals noch hinter ihrem Beruf als Lehrerin und ihrem Familienleben zurück. Die Filme dokumentieren auch Reisen nach Chile, Albanien, Portugal und Moskau – Bildungsreisen linksbürgerlicher Intellektueller. Interessant ist auch, wie viel die Bilder über Dinge verraten, die sie gar nicht erzählen sollen. In den ersten Jahren sind Annie und die gemeinsamen Söhne Philippes bevorzugtes Sujet. Nach 1977 werden die persönlichen Aufnahmen seltener, die zunehmende Entfremdung des Paares schlägt sich in den Aufzeichnungen nieder. Annie Ernaux verknüpft im Kommentar ihre persönliche Geschichte, die auch ihre Emanzipation zur Schriftstellerin schildert, mit der Zeitgeschichte und macht so die Sehnsüchte und Träume nach 1968 sichtbar. Lea Sauer schreibt auf literaturportal-france2000.uni-landau.de: «Das ist klug erzählt, atmosphärisch und durchdringend. Überflüssig zu erwähnen, dass das Bewegtbild dem Text eine besondere Qualität verleiht, die ihn von den Büchern unterscheidet. Und doch verdient die Kamera besondere Erwähnung, denn hinter ihr steckt Philippe, der Mann von Ernaux und Vater der Familie. Seine Sicht der Dinge fliesst somit, stumm zwar, aber dadurch nicht weniger präsent, in die Erzählung mit ein. So entsteht eine komplexe Spannung zwischen den verschiedenen Blickwinkeln, von denen aus der Gegenstand ‹Familie› betrachtet wird.»

 

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