Premierenfilm

Nuestro tiempo

MX/FR/DE/DK/SE 2018, 173 min, DCP, O/d-f
Regie: Carlos Reygadas
Darst.: Natalia López, Phil Burgers, Carlos Reygadas, Eleazar Reygadas, Rut Reygadas, Maria Hagerman, Yago Martínez u.a.

Es beginnt mit einer paradiesisch anmutenden Szene spielender Kinder in Cinemascope. Übermütig plantschen die Kinder in einer flachen Lagune unweit der mexikanischen Hauptstadt. Carlos Reygadas lässt sich viel Zeit für diesen Einstieg, stimmt ein auf das, was in den kommenden drei Stunden folgt: das Drama vom langsamen Auseinanderbrechen einer Künstler-Ehe. Juan und Ester führen eine scheinbar glückliche Beziehung, haben drei kleine Kinder und betreiben eine Ranch, auf der sie Kampfstiere züchten. Während sich Ester ums Geschäftliche kümmert, ist Juan vor allem ein erfolgreicher Poet. Das perfekte Familienidyll wird brüchig, als Ester eine Affäre mit Phil, dem Pferdeflüsterer aus den USA, beginnt. Dabei ist nicht die Affäre das Problem, sondern dass Ester sie zunächst vor Juan verheimlicht. Gerade einmal vier Kinospielfilme hat Carlos Reygadas (*1971) bisher realisiert; bereits mit seinem Erstling «Japón» (Camera d’or 2002 in Cannes) zeigte er sich als einer der eigenwilligsten Cineasten Mexikos, ja ganz Lateinamerikas. Sein fünfter Film, ein an Bergman gemahnendes Beziehungsdrama im Western-Look, in dem er, der stets nur mit Laien arbeitet, erstmals selbst als Hauptdarsteller agiert und auch seine Frau Natalia López und seine Kinder als Protagonisten einsetzt, ist neben «Stellet Licht» (2007) sein bisher zugänglichstes Werk. Dominik Kamalzadeh schrieb in Der Standard: «Ein Blick ins versteckte Chaos einer Ehe. Fast drei Stunden lang ringen die Partner mit den Folgen der (Un-)Aufrichtigkeit innerhalb ihrer offenen Beziehung. Das könnte schnell einmal banal werden, doch Reygadas gelingt es verblüffend gut, Privates in Grundsätzliches zu übertragen. Er interessiert sich dafür, was man sich theoretisch erlaubt, praktisch aber nicht zu erfüllen vermag und damit für eine übersteuerte Maskulinität, die einfach nie loszulassen vermag. Dass sich Reygadas als Ehemann ins Bild setzt, der bisweilen wie ein lächerlicher Stalker wirkt, erscheint wie ein Bekenntnis, aber wer weiss? Als Filmemacher probiert er stilistische Ausdrucksformen durch, er will auch von den Engpässen der Kommunikation erzählen. Besonders nachhaltig brennen sich jedoch die Bullen der Ranch ins Gedächtnis ein: eindeutige Stellvertreter des ‹gehörnten› Ehemanns.»

 

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