Manege frei! Zirkusfilme

Chocolat

FR 2016, 119 min, DCP, F/d
Regie: Roschdy Zem
Darst.: Omar Sy, James Thierrée, Clotilde Hesme, Olivier Gourmet, Frédéric Pierrot, Noémie Lvovsky, Alice de Lencquesaing, Alex Descas, Olivier Rabourdin, Héléna Soubeyrand u.a.

In der Geschichte des europäischen Kolonialismus galten vor noch nicht allzu langer Zeit afrikanische und indigene Völker als nicht der Spezies Mensch zugehörig. Eine der ersten Szenen von «Chocolat» zeigt dies drastisch. Man schreibt das Jahr 1897: Der Direktor eines ärmlichen französischen Wanderzirkus kündigt dem johlenden Publikum die Attraktion, den «Roi nègre Kananga» an, ein «Bindeglied zwischen Mensch und Affe». Ein wild die Augen rollender, Tierlaute ausstossender Afrikaner mit wirrem Haar stürmt in die Manege und tut das, was man von ihm erwartet: Er macht sich zum Affen. «Wird dir das nicht langsam zu blöd», fragt ihn nach der Vorstellung der Zirkusclown Footit. «Nein», erwidert der Schwarze, «es ist mir egal, denn ich verdiene damit gutes Geld.» Footit, ein begnadeter Mime, überzeugt den Afrokubaner Rafael Padilla (1865–1917) daraufhin, sich mit ihm zusammenzutun, damit er seine Clownerien nicht mehr alleine, sondern im Duo vortragen kann. Er beginnt mit Padilla, der sich fortan «Chocolat» nennen wird, Nummern einzustudieren. Es ist der Anfang einer grossen Erfolgsgeschichte. Als «Footit et Chocolat» holt ein Zirkusimpresario die beiden nach Paris, um 1900 sind sie grosse Stars. Ihr Ruhm dringt bis zu den Gebrüdern Lumière mit ihrem Kinematographen – der Abspann von «Chocolat» zeigt eine Originalaufnahme des legendären Clown-Duos. Ähnlich wie Cannes-Gewinner Abdellatif Kechiche («La vie d’Adèle») 2014 in «Vénus noire» die Geschichte der als «Hottentotten-Venus» bekannten Südafrikanerin Saartjie Baartman als Tragödie einer dunkelhäutigen Person erzählt, die in einer Epoche schlimmsten Rassismus nicht nur akzeptiert werden, sondern sich auch selbst verwirklichen wollte, ist auch «Chocolat» ein bewegendes Biopic über das Schicksal eines Zirkuskünstlers, der zur falschen Zeit lebte. Dabei wächst Omar Sy hier weit über das hinaus, was er 2011 im sanft sozialkritischen Feelgoodmovie «Intouchables» und drei Jahre später im Nachfolgefilm «Samba» von Olivier Nakache und Éric Toledano verkörperte. Gerhard Midding schrieb in epd film: «Die vierte Regiearbeit des französisch-marokkanischen Schauspielers Roschdy Zem (…) setzt ‹Chocolat› ein Denkmal und behält die Doppeldeutigkeit des Clowns stets im Blick: Sie erzählt die Geschichte des ersten schwarzen Zirkuskünstlers, dessen tragische Bestimmung es war, dem Lachen nie entkommen zu können.»

 

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