Premierenfilm

The Kindergarten Teacher

US 2018, 96 min, DCP, E/d
Regie: Sara Colangelo
Darst.: Maggie Gyllenhaal, Gael García Bernal, Ato Blankson-Wood, Libya Pugh, Michael Chernus, Carter Kojima, Jillian Panlilio, Parker Sevak, Anna Baryshnikov u.a.

Es geschieht unbemerkt: Allein für sich beginnt Jimmy Gedichte zu rezitieren. Jimmy ist ein introvertierter Fünfjähriger, und während sein Babysitter den Worten keine Beachtung schenkt, erregen sie die Aufmerksamkeit seiner Kindergärtnerin Lisa. In den zwanzig Berufsjahren, welche die verheiratete Mutter von zwei Teenagern als New Yorker Kindergärtnerin tätig ist, hat sie das noch nie erlebt. Und es trifft sie im Innersten. Denn Lisa, die ein weitgehend harmonisches, wenn auch routiniertes Familien- und Berufsleben führt, sehnt sich nach neuen, inspirierenden Impulsen. Darum besucht sie auch einen Lyrik-Abendkurs, wobei ihre eher müden Metaphern weder Lehrer Simon noch die anderen Teilnehmer beeindrucken. Dies ändert sich schlagartig, als sie eines der von ihr notierten Gedichte von Jimmy vorträgt. «The Kindergarten Teacher» von Sara Colangelo ist ein faszinierendes psychologisches Drama, nicht zuletzt deswegen, weil uns die Regisseurin lange im Ungewissen darüber lässt, welche Absichten Lisa hegt. Diese ist davon überzeugt, dass das frühreife Dichtertalent gehütet und gefördert werden muss. Die beunruhigende Ambivalenz, die von den Intentionen der Kindergärtnerin ausgeht und die von Hauptdarstellerin Maggie Gyllenhaal in einem psychologischen Hochseilakt mit tänzerischer Eleganz in der Schwebe gehalten wird, setzt sich in einer inhaltlichen Mehrdeutigkeit fort. Diese wirft zahlreiche Fragen auf, was zu angeregten Diskussionen führen dürfte. Das fängt damit an, wie viel Förderung respektive Schutz ein hochtalentiertes Kind braucht und wie aktiv eine Lehrperson in Förderfragen sein darf. Aber auch, welche Rolle der Lyrik in einer Gesellschaft eingeräumt wird, die primär auf die Maximierung von Leistung und Erfolg setzt. «The Kindergarten Teacher» ist das einnehmende amerikanische Remake eines gleichnamigen Films des israelischen Regisseurs Nadav Lapid, der 2014 mehrere Festivalpreise gewann, jedoch nicht in die Schweizer Kinos kam. Erfreulich, dass nun die spannende Neuverfilmung dieses metaphorischen Thrillers bei uns zu sehen ist.

 

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