Premierenfilm

Lean on Pete

UK 2017, 121 min, DCP, E/d-f
Regie: Andrew Haigh
Darst.: Charlie Plummer, Steve Buscemi, Chloë Sevigny, Travis Fimmel, Thomas Mann, Rachael Perrell Fosket, Frank Gallegos, Justin Rain u.a.

Der 15-jährige Charley ist eine einsame Seele. Weil sein alleinerziehender Vater kaum einen Job länger behalten kann, ziehen sie immer wieder um und leben unter teils prekären Verhältnissen. Dem Buben fehlt es nicht nur an menschlicher Zuwendung, sondern auch an Halt. An seinem neuen Domizil in Portland entdeckt Charley die Pferdefarm von Del Montgomery (Steve Buscemi), der ihm einen Job als Stallbursche anbietet. Charley ist von den Tieren fasziniert, die Del für Pferderennen trainiert. Insbesondere das Pferd Lean on Pete wächst ihm ans Herz, obwohl Jockey Bonny (Chloë Sevigny) den Jungen davor warnt, eine zu enge Beziehung mit den Tieren aufzubauen, die nur ein Geschäft seien; wenn ein Pferd seine Leistung nicht mehr bringe, lande es beim Schlachter. Als Lean on Pete dieses Schicksal droht, haut Charley mit ihm ab. Aus diesem ersten Teil der wunderbaren Coming-of-Age-Geschichte nach dem autobiografisch gefärbten Roman von Willy Vlautin entwickelt sich ein Road Movie. Feinfühlig und mit dem grossartigen 18-jährigen Charlie Plummer in der Hauptrolle schildert der Brite Andrew Haigh die Geschichte eines Jungen, der sich auf die Suche nach Geborgenheit und einem Zuhause macht – und Selbstgespräche mit seinem Gefährten führt. Haigh, der zuletzt mit dem mehrfach preisgekrönten Beziehungsdrama «45 Years» Furore machte, zeigt hier die gleiche Souveränität, was die glaubwürdige, differenzierte Charakter- und Milieuzeichnung betrifft. Fern jeglicher Sentimentalität und Klischees, die man von der Geschichte eines Jugendlichen und eines Pferdes erwarten könnte, zieht einen dieses melancholische Drama in den Bann, weil es seine Figuren ernst nimmt und sie uns ans Herz wachsen. Interessant ist auch, dass Haigh und Kameramann Magnus Nordenhof Jønck darauf verzichten, die weiten Landschaften des US-Westens in Breitwandbildern festzuhalten. Der Regisseur begründete dies bei seinem Besuch am Zurich Film Festival so: «Ich mag diese weiten Bilder nicht besonders. Ich habe dabei meist den Eindruck, die Figuren würden einem entgleiten, sie verlören sich in dem breiten Bild. Ich drehe lieber mit Brennweiten, bei denen ich den Protagonisten näher sein kann.»

 

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