Premierenfilm

Das schweigende Klassenzimmer

DE 2018, 111 min, DCP, D
Regie: Lars Kraume
Darst.: Jonas Dassler, Judith Engel, Tom Gramenz, Michael Gwisdek, Max Hopp, Rolf Kanies, Burghart Klaussner, Lena Klenke, Daniel Krauss, Florian Lukas u.a.

Stalinstadt 1956 (seit 1961 Eisenhüttenstadt): Die Abiturklasse von Kurt und Theo veranstaltet während einer Geschichtsstunde zum Thema «Die vorrevolutionäre Situation in Deutschland 1918» eine Schweigeminute für die Aufständischen in Ungarn. Rasch spricht sich die kleine Solidaritätsgeste der Klasse bei der Lehrerschaft des Gymnasiums herum. So dringt die Kunde von den aufmüpfigen Schülern auch zur Kreisschulrätin und von dort gar zum Bildungsminister. Dieser will den Klassenfeind im Klassenzimmer unbedingt ausfindig machen und fährt bei seiner verzweifelten Suche nach den «Anführern» der Protestgeste zunehmend gröberes Geschütz gegen die jungen Leute auf. Der 1939 geborene Dietrich Garstka war 1956 Abiturient an einer Schule in der Nähe von Berlin und verarbeitete seine Erlebnisse aus den Wochen des Ungarnaufstandes im Tatsachenroman, der 2006 erschien und dessen Titel nun Lars Kraume für seine kongeniale Verfilmung übernahm. Die Erkenntnis, dass die «Deutsche Demokratische Republik» ein von Verbrechern regiertes, auf Lüge, Gewalt und Einschüchterung basierendes Staatsgebilde war, in dem selbständiges Denken gefährlich werden konnte, ist zwar nicht neu – aber so bewegend und tiefgründig wie hier hat das noch nie ein Spielfilm vermittelt. Cornelia Geissler schreibt in der Berliner Zeitung: «Lars Kraume, der sich mit ‹Der Staat gegen Fritz Bauer› einen Namen gemacht hat als akribischer Geschichts-Erkunder (…), schöpft aus dem historischen Material und unternimmt eine Zeitreise, die akribisch die rigiden Mechanismen der DDR-Bildungspolitik zeigt. Alle für einen bedeutete hier: Wenn kein Rädelsführer ausgemacht wird, trifft die Strafe die ganze Klasse. Es ist quälend zu sehen, wie Funktionäre über die Zukunft entscheiden. (…) Und jede Familie leidet, wenn das Kind aus politischen Gründen von der Schule fliegen soll. Wie kleine Inseln im Fortgang des Geschehens sind Szenen eingebaut, die dieses Ausmass andeuten: Theos Vater (Ronald Zehrfeld) arbeitet auf Bewährung im Stahlwerk. Kurts Vater ist beim Rat der Stadt. Erik erfährt, dass sein verstorbener Vater nicht der Held war, für den er ihn hielt. Theo und seinen Freunden gelang, wie Dietrich Garstka und den meisten Mitschülern, die Flucht in den Westen. Was der Film nicht zeigt, arbeitet danach im Kopf weiter: Erst 33 Jahre später konnte man wieder (…) reisen. Die Mehrzahl der Akteure von damals wird ihre Familien nie wiedergesehen haben.»

 

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