Schauplatz Venedig

Das Venedig Prinzip

DE/IT/AT 2012, 82 min, Digital HD, I/d
Regie: Andreas Pichler
Mitw.: Tudy Sammartini, Giorgio Gross, Laura Gross, Flavio Scaggiante, Pietro Codato, Federica Codato, Federica Chiuch, Andrea Giusti, Antonia Sautter u.a.

Wenn sich die Menschenmassen aus den Kreuzfahrtschiffen und Bussen durch Venedigs Gassen quetschen, sucht der ehemalige Gondoliere Giorgio Zuflucht in seiner Bar. Die streitbare Tudi geht nur noch nach Mitternacht auf die Piazza San Marco und die Reiseführerin Federica erklärt den Touristen, dass ein Campo früher als Treffpunkt der Nachbarschaft diente – als es diese noch gab. Der Makler Pietro beklagt die Verschlechterung der Bausubstanz, während Flavio mit seinem Lastboot in letzter Zeit vor allem Umzugstransporte ans Festland macht – demnächst steht ihm sein eigener bevor, weil er die hohe Miete nicht mehr zahlen kann. Mit dem stetigen Sinken der Einwohnerzahlen und dem Vormarsch der touristischen Monokultur verschwindet die lebensnotwendige Infrastruktur für die Bewohner. Einer Studie zufolge wird es 2030 keine Venezianer mehr geben. Regisseur Andreas Pichler ist in Südtirol aufgewachsen, für ihn ist Venedig «das spektakuläre und dramatische Symbol für die aktuelle Veränderung unserer Städte. Spektakulär, weil Venedig immer noch eine der schönsten Städte der Welt ist und die Touristenmassen im Verhältnis zur Einwohnerzahl in geradezu bizarrem Verhältnis stehen. Dramatisch, weil Venedig keine normale Stadt ist: Jeder Venezianer, der seine Stadt verlässt, um aufs Festland zu ziehen, lässt eine Lebensform zurück, die damit unwiederbringlich verschwindet. (…) Das Prinzip, das hinter dieser Art des Wirtschaftens steht, ist die Verwandlung des öffentlichen Raums zu einem Gut, mit dem einige wenige ihre privaten Geschäfte machen und die Verluste der Öffentlichkeit überlassen. Selbst von den positiven Folgen des Tourismus profitieren die Bewohner der Stadt kaum. Von den erwirtschafteten 1,5 Milliarden Euro pro Jahr fliesst nur der kleinste Teil in die kommunalen Kassen zurück (…), der Grossteil des Geldes fliesst in die Kassen von international agierenden Reiseanbietern.» Doch in letzter Zeit regt sich Widerstand; Bürgerinitiativen sind entstanden, und ab 2019 dürfen die grossen Kreuzfahrtschiffe nur noch in die Lagune fahren, nicht mehr durch das historische Zentrum – ein kleiner Fortschritt, für die Bewohner aber zu wenig.

 

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