Mitholz

CH 2022, 80 Min., DCP, Dialekt/d, ab 12 Jahren
Regie: Theo Stich
Mitw.: Regina Trachsel, Paul Trachsel, Ueli Künzi, Cosette Künzi, Verena Zumkehr, Peter Zumkehr, Heidi Schmid, Patric Schmid, Karl Steiner, Roman Lanz u.a.

Am 19. Dezember 1947, kurz vor Mitternacht, erschüttert eine gewaltige Explosion das Dorf Mitholz im Kandertal. Wenige Minuten darauf gibt es in dem an der Lötschberglinie gelegenen Ort eine zweite, noch stärkere Detonation; viele Bewohnerinnen und Bewohner stürzen ins Freie. Eine halbe Stunde später folgt eine dritte Explosion, welche die beiden ersten bei Weitem übertrifft. Eine Viertelmillion Kubikmeter Gestein von der hinter dem Dorf gelegenen Felswand der Fluh wurde einfach weggesprengt. Neun Menschen sterben, Dutzende werden verletzt, der Bahnhof des Ortes und zahlreiche weitere Gebäude sind vollständig zerstört – Mitholz sieht aus wie nach einem Flächenbombardement. Was die Leute in Mitholz nicht gewusst hatten: In der Kaverne der Fluh, von der Schweizer Armee mit Beginn des Zweiten Weltkriegs in jahrelanger Arbeit als Aussenposten des «Réduit» in den Fels getrieben, lagerten keine Notvorräte – «Teigwaren, damit wir im Kriegsfall zu Essen hätten», wie man den Leuten weismachte –, sondern 7000 Tonnen Munition: Fliegerbomben, Artillerie- und Handgranaten, Sprengstoff und Millionen von Gewehrpatronen. Die Katastrophe von Mitholz war die schlimmste ihrer Art in der jüngeren Historie der Schweiz, doch niemand aus Armee oder Politik wurde je dafür zur Verantwortung gezogen. Der Innerschweizer Regisseur Theo Stich macht sich auf die Spurensuche, spricht mit Zeitzeugen, die das damalige Geschehen im Kindesalter miterlebt haben, gräbt Wochenschaubeiträge von damals aus und rekonstruiert, was in den Jahrzehnten danach geschah – als eine unerwartete Wendung eintritt: Am 28. Juni 2018 informiert das Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport VBS an einer eiligst einberufenen Dorfversammlung, Abklärungen hätten ergeben, dass immer noch Tonnen nicht explodierter Munition unter den Felstrümmern in und um Mitholz lagerten. Das Dorf müsse deshalb in näherer Zukunft für mindestens 10 Jahre evakuiert werden. «Mitholz» dokumentiert eine Geschichte von Vertrauensmissbrauch und Versäumnissen des Staates, für die die Bevölkerung einen hohen Preis bezahlt.

 

Die Vorstellung am 7. September findet in Anwesenheit des Regisseurs Theo Stich statt. Das Gespräch führt der Filmjournalist Geri Krebs.