Tom Medina

CH/FR 2021, 100 Min., DCP, F/d, ab 16 Jahren
Regie: Tony Gatlif
Darst.: David Murgia, Slimane Dazi, Karoline Rose Sun, Suzanne Aubert, Lyes Ouzeri, Romain Carbuccia, Morgan Deschamps, Clément Bouchet, Didier Bourguignon u.a.

In der wildromantischen Camargue führt Ulysse, ein Mann mit grossem Herzen, zusammen mit seiner Tochter Stella einen Landwirtschaftsbetrieb. Für die Behörden dient Ulysses Hof als Anlauf- und Arbeitsstelle für straffällige oder auf Bewährung entlassene Jugendliche. Hierhin hat es kürzlich Tom Medina verschlagen, einen rätselhaften, jungen Sans-Papier. Er war schon in der aufsehenerregenden Eröffnungsszene auf den Plan getreten, als er sich in einer Stierkampfarena unverhofft ins Getümmel stürzte – mit drastischen Folgen. Da es auf Ulysses Hof neben Angeboten für Tourist:innen auch eine Pferde- und Bullenzucht gibt, scheint Tom hier am richtigen Ort zu sein. Doch er tut sich schwer damit, sich in einen geregelten Tagesablauf einzufügen. Viel lieber streift er durch die Natur und lernt bei dieser Gelegenheit die jugendliche Ausreisserin Suzanne kennen. Diese haust zusammen mit ein paar jungen Umweltaktivist:innen, die am Strand und in den Lagunen Plastikmüll einsammeln, in einem Wohnwagen. Eigentlich könnte dies der Beginn einer leisen Romanze zwischen den beiden Aussenseiter:innen sein, doch auch zwischen der tatkräftigen Stella – gespielt von der Singer-Songwriterin Karoline Rose Sun, die für den Soundtrack einen wilden Mix aus Punk, Flamenco und Folk kreiert hat – und dem etwas schüchternen Jungen scheint es zu funken. Die aufkeimenden Gefühle werden aber überschattet von einem düsteren Geheimnis, das Tom Medina mit sich herumträgt. Der 1948 in Algier geborene Tony Gatlif kam 1962 als «Illegaler» nach Frankreich und wurde Jahrzehnte später mit Filmen wie «Gadjo Dilo», «Vengo» oder «Exils» weltbekannt. Es sind Werke, die sich, wie auch «Geronimo», der 2015 im Kinok zu sehen war, mit Migration, Entwurzelung und der Kultur der Roma beschäftigen – von der Gatlif selbst mütterlicherseits geprägt ist – und in denen Musik eine zentrale Rolle spielt. Das gilt auch für «Tom Medina», den Gatlif als seinen bisher am stärksten autobiografisch geprägten Film bezeichnet. Mit David Murgia, der bereits in «Geronimo» eine wichtige Figur verkörperte und nun als Tom Medina über sich hinauswächst, hat Gatlif ein kongeniales Alter Ego für einen faszinierenden Film gefunden, der sich jeder Kategorisierung entzieht.