Prädikat: Besonders schädlich! Die DEFA-Verbotsfilme

Das Kaninchen bin ich

DDR 1965, 110 min, DCP, D
Regie: Kurt Maetzig
Darst.: Angelika Waller, Alfred Müller, Ilse Voigt, Wolfgang Winkler, Irma Münch, Rudolf Ulrich, Helmut Schellhardt, Annemarie Esper, Willi Schrade u.a.

Die junge Kellnerin Maria verliebt sich in den um einiges älteren Paul, von dem sie allerdings ahnt, dass er verheiratet ist. Doch wie sich bald herausstellt, ist dies das kleinere Übel. Paul ist Richter von Beruf, und er war es auch, der in dieser Funktion Marias Bruder Dieter vor geraumer Zeit wegen «staatsfeindlicher Hetze» zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilte. Maria bleibt trotz dieser familiären Verwicklungen mit Paul zusammen, denn sie liebt ihn sehr. Eines Tages aber stellt sie Paul dann doch zur Rede – und schliesslich wird auch ihr Bruder unverhofft aus dem Gefängnis entlassen. Der Regisseur Kurt Maetzig gehörte zu den Mitbegründern der DEFA. Er hatte bereits eine lange Karriere als Cineast hinter sich, während der er auch mehrere Propagandafilme für das SED-Regime drehte, so etwa 1954/55 zwei Filme über Ernst Thälmann, «Sohn seiner Klasse» und «Führer seiner Klasse» (für die er mit dem Nationalpreis der DDR ausgezeichnet wurde), als er sich 1964 an die Verfilmung des Romans «Maria Morzeck oder das Kaninchen bin ich» seines in Prag lebenden Freundes Manfred Bieler wagte. Der in kurzer Zeit fertiggestellte Film mit dem explosiven Stoff, der das Justizsystem der DDR anprangerte, passierte zunächst sogar die Zensur – als im fernen Moskau Nikita Chruschtschow stürzte. Ersetzt wurde er durch den Hardliner Leonid Breschnew, der einen wesentlich repressiveren Kurs, gerade auch in der Kulturpolitik, einschlug. Und DDR-Chef Walter Ulbricht, der sich bewusst war, dass sein Konkurrent Erich Honecker zu Breschnews Lieblingen gehörte, wollte dem neuen Kreml-Zaren Vasallentreue beweisen. So kam ihm ein aufsässiger Film eines ansonsten treuen Staatsdieners wie Kurt Maetzig gerade recht, und er verbot den Film, obwohl seine Premiere bereits im Parteiorgan «Neues Deutschland» gross angekündigt worden war. Das Verbot gefiel den Hardlinern in der Partei, so verspottete etwa SED-Chefagitator und Volkskammer-Präsident Horst Sindermann Kurt Maetzigs Film nach dem Verbot öffentlich als «Kaninchen-Film».

 

Am Freitag, 10. März, führt Yves Partschefeld, Historiker der Universität St.Gallen, in den Film ein.

 

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