Premierenfilm

Sieranevada

RO/FR/BA/HR/MK 2016, 173 min, DCP, O/d-f
Regie: Cristi Puiu
Darst: Mimi Branescu, Judith State, Bogdan Dumitrache, Dana Dogaru, Sorin Medeleni, Ana Ciontea, Rolando Matsangos, Mirela Apostu, Eugenia Bosânceanu u.a.

Es beginnt mit einer lautstarken ehelichen Auseinandersetzung in einer Bukarester Strasse. Der Arzt Lary streitet sich im Auto mit seiner Frau, die ihm vorwirft, nicht das richtige Kleid für eine bevorstehende Theateraufführung der kleinen Tochter besorgt zu haben. Das Paar ist auf dem Weg zu einer Gedenkfeier für ein verstorbenes Familienoberhaupt. Die Würdigung, von einem Priester geleitet, wird in einer engen Wohnung abgehalten; über ein Dutzend Leute nehmen an ihr teil. Zufällig findet sie kurz nach dem Terroranschlag auf Charlie Hebdo im Jahr 2015 statt – und davon ausgehend kommt im Film die Sprache auch immer wieder auf Verschwörungstheorien rund um die Anschläge von 9/11. Damit spinnt Regisseur Cristi Puiu in seinem Kammerspiel den subtilen Rahmen für ein ganzes Netz an Verschwörungen (von der grossen Lebenslüge bis zu Notlügen, mit der ein cholerischer Ehemann zur Vernunft gebracht werden soll) und Geschichtsverklärungen (ein Generationenduell zwischen einer alten Kommunistin und einer jungen Mutter endet in bitteren Tränen). «In den drei Stunden, die der Film und die Feier dauern, nervt irgendwann mal jeder jeden. Allianzen werden geschlossen und gebrochen. Die Rituale funktionieren, (…) wenn auch ziemlich absurd, aber in der plätschernden Selbstverständlichkeit, mit der Puiu all diese Handlungen und Dialoge zeigt, nicht absurder als jede andere Familie. So erklärt sich auch der merkwürdige Filmtitel. (…) Das Wort habe ihm gefallen, sagte Cristi Puiu in Cannes, ‹schon rein lauttechnisch›. (…). Und weil die echte Sierra Nevada nichts mit der Handlung zu tun hat, verdeutlicht der Titel gleichzeitig, dass sich dieses Tollhaus Familie auch sonst wo auf der Welt finden könnte – denn Sierra Nevada gibt es auch nicht nur einmal. (…) Es gibt so gut wie keine Handlung, in die Dialoge zappen wir hinein und hinaus und irgendwann ist alles vorbei, ohne dass auch das Familientreffen beendet wäre. Diese Unvollständigkeit aller prozesshaften oder strukturierenden Handlungen (…) bedeutet jedoch nicht, dass der Film keine Dramaturgie hätte. Gerade das Unvollständige, Werdende, Nie-Endende ist seine Struktur, (…) und es fasziniert, wie gut dieses Nicht-Erzählen funktioniert, wenn es so perfekt umgesetzt ist wie hier.» David Hugendick,

Die Zeit

 

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