Premierenfilm

United States of Love

PL/SE 2016, 106 min, DCP, O/d-f
Regie: Tomasz Wasilewksi
Darst.: Julia Kijowska, Magdalena Cielecka, Dorota Kolak, Marta Nieradkiewicz, Tomasz Tyndyk, Andrzej Chyra, Lukasz Simlat, Marcin Czarnik u.a.

Eine polnische Provinzstadt im Jahr 1990. Eine Familie feiert den Namenstag der fünfzehnjährigen Tochter, es ist eine laute Runde, man sitzt um einen grossen Tisch, isst, trinkt, und als Symbol der neuen Zeit gibt es Fanta. Eine der Feiernden ist Agata, die Mutter des Mädchens; sie hat einen netten, aber langweiligen Mann. Deshalb verwundert es nicht, dass sie sich in einen schönen Priester verguckt, den Religionslehrer der Tochter. Die Schulleiterin Iza ist seit Jahren heimlich mit dem verheirateten Arzt Karol liiert, und als plötzlich dessen Frau stirbt, will sie ihn endlich ganz für sich, mit allen Mitteln. Die ältere Russischlehrerin Renata, alleinlebend mit einem Schwarm freifliegender Kanarienvögel, verliebt sich unsterblich in ihre junge Nachbarin, die Aerobic-Lehrerin Marzena. Doch diese erwidert die Gefühle nicht, sondern vermisst ihren Mann, der seit Jahren in der BRD arbeitet, und träumt von einer Modelkarriere. Der polnische Regisseur und Drehbuchautor Tomasz Wasilewski verwebt in seinem dritten Spielfilm, an der Berlinale 2016 mit dem Silbernen Bären für das Beste Drehbuch ausgezeichnet, in raffiniert fliessender Weise die (Liebes-)Geschichten von vier Frauen unterschiedlicher Generationen. In bald verblichenen, bald gänzlich entsättigten Farben schafft der Cineast – der 2013 mit «Floating Skyscrapers» eine der ersten homosexuellen Liebesgeschichten des polnischen Kinos realisierte – hier eine Atmosphäre postsozialistischer Tristesse, wie man sie so noch kaum gesehen hat. Dabei ist der Filmtitel purer Sarkasmus, denn das neue politische System kann die Sehnsüchte keiner der vier Frauen nach Liebe erfüllen. Sie sind weiterhin gefangen in einer Welt von Doppelmoral, Heuchelei sowie unterschwelliger und bisweilen offener sexueller Gewalt. «Das ist starkes, konsequentes Kino. In seiner Härte und Gnadenlosigkeit erinnert der Film an etliche der rumänischen Welle der letzten Jahre. (…) Es ist, als schaue man sich ein gefrorenes Stück Zeit an, (…) Bewunderung für die Kunstfertigkeit des Regisseurs mischt sich mit dem Wunsch, die Eindrücke irgendwie wieder abschütteln zu können.» Michael Sennhauser, sennhausersfilmblog.ch

 

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