Architektur im Film

Flotel Europa

DK/RS 2015, 70 min, DCP, O/e
Regie: Vladimir Tomic

Als Zwölfjähriger floh Regisseur Vladimir Tomic 1992 mit seiner Mutter und seinem älteren Bruder aus Sarajevo zusammen mit Tausenden anderen Flüchtlingen aus Ex-Jugoslawien nach Dänemark. Da die bestehenden Unterkünfte überfüllt waren, stellte das Rote Kreuz im Hafen von Kopenhagen ein riesiges Schiff bereit – das «Flotel Europa». Der kleine Vladimir war zuerst begeistert, dass er nun auf einem richtigen Schiff wohnen sollte. Dem Vater schickte die Familie, wie viele andere auch, «Videobriefe» in die alte Heimat, da die Telefonleitung nach Bosnien selten funktionierte. Bilder aus der Gemeinschaftsküche, dem Fernsehsaal, den fensterlosen Kabinen, von Ausflügen mit Freunden und von den schönen Augen eines Mädchens namens Melisa. Zwanzig Jahre später lässt Vladimir Tomic, der u.a. an der Royal Danish Academy of Fine Arts und in Wien an der Akademie der bildenden Künste bei Harun Farocki studierte, in seinem Dokumentarfilm die Menschen von damals zu Wort kommen anhand seiner eigenen und der «Videobriefe» anderer Flüchtlinge, die mit ihm das zweijährige «Raum-Zeit-Vakuum» auf dem Schiff teilten. Der Regisseur erzählt rückblickend, wie er als Zwölfjähriger versuchte, seinen Platz im Leben zu finden und ein normales Leben zu führen auf einem Flüchtlingsschiff, auf dem die Lebensumstände alles andere als normal waren. «Flotel Europa» erhielt an der Berlinale den Preis der Leserjury des Tagesspiegels. «Durch die Montage des Materials, vor allem aber durch seine Erinnerungen an jene Zeit gelingt es Vladimir Tomic, aus Privatdokumenten, die auch für die Bebilderung von Flüchtlingselend und eine gestohlene Kindheit herhalten könnten, etwas Neues, Eigenes, Anderes zu machen. Die Perspektivverschiebung von innen nach aussen macht ‹Flotel Europa› zu einem autobiografischen Film über ein Schicksal, das einen sonderbar berührt, weil es den Flüchtling aus der Opferrolle befreit – und einen schüchternen Jungen in einen sympathischen Filmstar verwandelt.» Internationale Filmfestspiele Berlin 2015

 

Pascal Angehrn, Geschäftsleitung NRS in situ AG / Bauen für Asylsuchende in der Schweiz, führt am Dienstag, 21. März, in den Film ein. Die Architekturfilmreihe findet in Zusammenarbeit mit dem Architektur Forum Ostschweiz statt.

 

Reservieren:

Trailer