Wolf and Sheep

AF 2016, 86 min, DCP, O/d-f
Regie: Shahrbanoo Sadat
Darst.: Sediqa Rasuli, Qodratolla Qadiri u.a.

In einer abgelegenen Bergregion in Zentralafghanistan leben die Menschen wie seit Jahrhunderten als Bauern, Hirten und Viehzüchter. Dabei wissen schon die Kinder, dass sich Buben und Mädchen in getrennten Welten bewegen müssen. Dies gilt auch für das Hüten der Tiere: Die Knaben sind meist mit Schafen unterwegs, derweil die Mädchen sich um Ziegen kümmern. Und während die Jungen Steinschleudern basteln, mit denen sie das Verjagen der in den Bergen lauernden Wölfe üben, träumen die Mädchen von ihrem zukünftigen Ehemann, rauchen heimlich Weizenhalme und spielen Heiraten. Doch es gibt die Aussenseiter Qodrat und Sediqa, die sich über die Geschlechterschranken hinwegsetzen und zwischen denen eine zarte Freundschaft aufkeimt. Während Qodrat von den anderen Jungen gehänselt wird, weil seine Mutter nach dem Tod des Vaters mit einem alten Mann verheiratet werden soll, der bereits zwei Frauen hat, wird Sediqa von den Mädchen gemieden, weil sie angeblich einen von ihrer Grossmutter herrührenden Fluch in sich trägt. Die 26-jährige Shahrbanoo Sadat verarbeitet in ihrem Spielfilmerstling – der sie im vergangenen Mai als erste Filmschaffende aus Afghanistan bis ans Filmfestival nach Cannes brachte und ihr dort den Preis der Quinzaine des Réalisateurs eintrug – eigene Kindheitserinnerungen. Zwischen ihrem 11. und 18. Lebensjahr lebte die heute zwischen Kabul und Paris pendelnde Cineastin in dem Dorf in Zentralafghanistan, aus dessen Alltagsleben sie hier mit dokumentarischer Genauigkeit erzählt und mit dessen Mythen und Märchen sie in fantastischer Weise spielt. «Ein Film, der soziale Mechanismen wie auch Mythen und Glauben der Leute ernst nimmt. Die Inszenierung der grünen Fee und des mythischen Kaschmir-Wolfs ist nicht irrealer oder traumartiger als jene des Dorfalltags oder der eigenen Welt der Kinder auf den Hügeln. Falls der Film überhaupt einen Gegensatz aufmacht, ist es der zwischen Natur und Zivilisation, wobei die Trennlinien im afghanischen Hinterland deutlich unschärfer sind als anderswo.» Dominic Schmid, Filmbulletin