Un juif pour l'exemple

CH 2016, 72 min, DCP, F/d
Regie: Jacob Berger
Darst.: Bruno Ganz, André Wilms, Aurélien Patouillard, Paul Laurent, Baptiste Coustenoble, Steven Matthews, Elina Löwensohn, Pierre-Antoine Dubey u.a.

Im Kriegsjahr 1942 liegt in der Schweiz die Wirtschaft am Boden; auch die kleine Westschweizer Provinzstadt Payerne macht da keine Ausnahme. Die Männer laufen mit finsteren Minen herum, zerreissen sich an den Stammtischen der örtlichen Kneipen und Cafés das Maul über die angeblich Verantwortlichen für die Misere. Der Automechaniker Fernand Ischi und seine Kumpane träumen davon, endlich zur Tat zu schreiten. An einem Donnerstag im April findet der nächste Viehmarkt statt, den auch Arthur Bloch, der gutmütige und geschätzte jüdische Viehhändler besuchen wird … Basierend auf dem gleichnamigen Roman von Jacques Chessex, der darin eigene traumatische Kindheitserinnerungen aus Payerne verarbeitete, erzählt Jacob Berger («Un jour») in seinem am diesjährigen Filmfestival Locarno uraufgeführten Film auf mehreren Ebenen von einem weitgehend in Vergessenheit geratenen Judenmord in der Schweiz. Als besonderen Kunstgriff lässt Berger den 2009 verstorbenen Autor – gespielt von André Wilms – das Geschehen mitverfolgen und reichert es zusätzlich mit dokumentarischen Einspielungen des realen Jacques Chessex an. So entsteht ein verstörendes Filmkunstwerk von fremdartiger Schönheit. «Ein beklemmender Film (…), die quälend langsame Chronik eines angekündigten Todes. Ein enger Film auch, der weiten Bildern einer friedlichen Landschaft klaustrophobisch machende Innenräume entgegensetzt. Enges Denken soll das suggerieren, fanatische Fixierung der Mörder auf ihren fernen ‹Führer›, dem sie ein Opfer darbieten und sich so für eigene Führungsaufgaben qualifizieren wollen. (…) Wo das herkommt, dieser sinnlose Hass auf einen harmlosen Mitbürger (Bruno Ganz gibt den Viehhändler Bloch souverän, fast aus dem Handgelenk gespielt): Das wird nur angedeutet; Arbeitslosigkeit und Sozialneid (…); die Hetze eines Pfarrers, der einen (…) Sündenbock fordert. Wie aus solchem Gebräu eine grausige Metzelei entsteht: Dafür liefert der Film keine Erklärung. Nur Fassungslosigkeit.» Martin Ebel, Tages-Anzeiger