Abluka

FR/QA/TR 2015, 119 min, DCP, O/d-f
Regie: Emin Alper
Darst.: Mehmet Özgür, Berkay Ates, Tülin Özen, Müfit Kayacan, Ozan Akbaba u.a.

Kadir kommt nach zwanzigjähriger Haft aus einem türkischen Gefängnis auf Bewährung frei. Er hat fortan als Informant für den Polizeioffizier Hamza zu arbeiten, muss in den Strassen eines Istanbuler Elendsquartiers die Abfälle durchwühlen, soll so Hinweise auf terroristische Aktivitäten finden, die Bewohner ausspionieren und Hamza regelmässig Bericht erstatten. Unterschlupf findet Kadir vorübergehend in einer Wohnung, die ihm sein wesentlich jüngerer Bruder Ahmed beschafft und die einem befreundeten Ehepaar gehört. Ahmed war noch ein Kind, als Kadir ins Gefängnis kam, die beiden Brüder kennen sich kaum, ihr Verhältnis ist von gegenseitigem Misstrauen geprägt. Ahmed wurde kürzlich von seiner Frau samt Kind verlassen, als städtisch besoldeter Jäger streunender Hunde führt er eine nicht weniger trostlose und absurde Arbeit aus als sein Bruder. Der zweite Spielfilm des türkischen Regisseurs und Drehbuchautors Emin Alper, am letztjährigen Filmfestival von Cannes mit dem Regiepreis ausgezeichnet, zielt mit seinem Titel «Der Wahn» präzise auf jene Paranoia, die im zunehmend autoritären System der heutigen Türkei herrscht. Als Bruderdrama gemahnt er in seiner Zerquältheit an die düstersten Werke eines Ingmar Bergman. Gleichzeitig erscheint er verblüffend visionär, was kürzlich stattgefundene Vorkommnisse in der Türkei anbelangt. «Eine kafkaeske Fantasie über die heutige Türkei, (…) in welcher der Held bald Freund und Feind, terroristische Anschläge und den Terror im eigenen Kopf nicht mehr unterscheiden kann (…) und in der Wirklichkeit, Wahn und Albträume ineinander fliessen. (…) ‹Abluka› ist kein Film, der Erdogan gefallen würde, weil er zeigt, wie sich repressive Strukturen verselbständigen und die Gewalt, die sie angeblich bekämpfen, erst hervorbringen. So kommt die Politik ins Kino, (…) nicht über ein auserzähltes Sozial- und Gesellschaftsdrama, sondern über die Politisierung der Form.» Anke Leweke, Die Zeit